Mahnwache #NoMoreStolenSisters mit Tokata e.V.

Falls ihr am Dienstag, den 23. Juli 2024 am Tritonenbrunnen in Düsseldorf rote Kleider in den Bäumen hängen gesehen habt – sie sind Zeichen der Solidarität und als Symbol der Erinnerung an die Tausenden ermordeten und verschwundenen indigenen und Frauen und Mädchen in den USA und Kanada. De ReDress-Installation wurde ursprünglich von der kanadischen Künstlerin Jaime Black entworfen. Sie soll eine visuelle Erinnerung an die erschütternde Zahl von Frauen in Kanada und den USA sein, die ermordet wurden oder verschwunden sind.
Mit der Aktion wollten wir – gemeinsam mit dem Verein Tokata e.V. – auf ihr Schicksal aufmerksam  machen.

 

Der traurige Hintergrund

Indigene Frauen haben ein zehnmal höheres Risiko, ermordet zu werden, als der nationale Durchschnitt: Seit 2016 sind in den USA 5.712 indigene Frauen und Mädchen als ermordet oder vermisst gemeldet, die Dunkelziffer wird wesentlich höher geschätzt. In Kanada sind mehr als 4.000 Frauen vermisst oder ermordet worden. 96 % der sexuellen Gewalt auf einigen Reservationen wird von Nicht-Indigenen verübt.
Insbesondere Arbeiterlager, sogenannte “Man Camps”, in der Nähe von Öl- und Gasprojekten in den USA und Kanada, werden mit einem Anstieg von sexueller Gewalt und Vermisstenfällen in Verbindung gebracht. Die systematische Unterdrückung und Entmenschlichung Indigener während der Kolonialisierung wirkt bis heute nach. Insbesondere indigene Frauen werden oft als minderwertig angesehen und stereotypisiert, die anhaltende Straflosigkeit der Täter spiegelt die rassistischen Vorurteile innerhalb der Justizsysteme wider.

Protestbewegungen wie #NoMoreStolenSisters, Not Invisible und #MMIW haben in den letzten Jahren jedoch an Aufmerksamkeit gewonnen.

Was wird getan, um Frauen und Mädchen zu schützen?

Mit dem Savanna’s Act und dem Not Invisible Act (NIA) (mehr dazu unten) wurden seitens der US-Regierung 2019 und 2020 wichtige Schritte unternommen, um die Datenerfassung über vermisste oder ermordete indigene Amerikaner zu verbessern, finanzielle Ressourcen für die Aufklärung bereitzustellen und die Ermittlungen zu intensivieren. Kritiker bemängeln jedoch, dass trotz der gesetzlichen Vorgaben die tatsächliche Umsetzung und Wirkung in der Praxis noch unzureichend sind. Beide Gesetze greifen nicht tief genug in die strukturellen und systemischen Probleme ein, die zur hohen Zahl von vermissten und ermordeten indigenen Frauen führen und dass sie den institutionellem Rassismus und die strukturelle Ungleichheit, denen Indigene ausgesetzt sind, nicht ausreichend adressieren, was die Effektivität der Maßnahmen beeinträchtigt.

Kanada hat ebenfalls Maßnahmen ergriffen, um die Krise der vermissten und ermordeten indigenen Frauen und Mädchen (MMIWG) anzugehen. Ab 2016 untersuchte die National Inquiry into Missing and Murdered Indigenous Women and Girls (MMIWG) die systematischen Ursachen der Gewalt gegen indigene Frauen und Mädchen und setzte sich zum Ziel, Empfehlungen zur Verbesserung der Situation zu erarbeiten. Im Abschlussbericht, der 2019 veröffentlicht wurde, kam die Untersuchungskommission zu dem Schluss, dass die Gewalt gegen indigene Frauen und Mädchen als „rassenbasierter Völkermord“ bezeichnet werden sollte. Der Bericht enthielt 231 Empfehlungen für verschiedene Ebenen der Regierung und Gesellschaft. Zudem wurde 2019 das Gesetz zur „Stärkung der Rechte indigener Kinder, Jugendlicher und Familien“, bekannt als Bill C-92 verabschiedet, welches die indigenen Gemeinschaften in Kanada stärken soll, indem es ihnen mehr Verantwortung für den Schutz und das Wohlergehen von Kindern überträgt.

Was fordert Amnesty International?

Amnesty International bemängelt, dass weder der Savanna’s Act noch der Not Invisible Act systemische Ungleichheiten nicht ausreichend adressieren, was die Effektivität der Maßnahmen beeinträchtigt. Und dass in Kanada die langsame Umsetzung der Empfehlungen und unzureichende Finanzierung der Maßnahmen problematisch sind. Beide Länder haben es versäumt, den systemischen Rassismus und die strukturellen Probleme, die zur Gewalt gegen indigene Frauen beitragen, umfassend zu adressieren. Amnesty fordert daher von beiden Regierungen umfassendere und effektivere Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen indigene Frauen, einschließlich der Verbesserung der Datenlage und der Bekämpfung systemischer Ungleichheiten. Beide Länder sollen sicherstellen, dass die empfohlenen Maßnahmen vollständig umgesetzt und ausreichend finanziert werden, um die tiefer liegenden Ursachen der Gewalt zu adressieren

Stolen Sisters – was kann ich tun?
Aktuell gibt es eine Amnesty-Aktion für Indigene in Kanada. Wenn du dich für sie einsetzen willst, kannst du das hier tun:

Weitere Hintergrundinformationen findet ihr hier:

Amnesty-Report “No more stolen Sisters”

Fact Sheet Savanna’s Act (The Act)

Fact Sheet “Not Invisiable Act (NIA)

War on Indigenous Women – A Short Guide for Journalists Reporting on MMIWG